Für das Webinar meldeten sich über 150 Personen an und der Workshop war mit 25 Plätzen ausgebucht. Vortragende waren Dr. Michalis Tzatzanis (Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft), Dr. Vanessa Hannesschläger (Deutsches Literaturarchiv Marbach), Mag. Barbara Sánchez Solís (Technische Universität Wien), Dr. Daniel Dörler und Dr. Florian Heigl (beide Universität für Bodenkultur Wien). Der Workshop wurde von Dr. Ivo Grigorov (Technische Universität Dänemark) geleitet. Durch das Programm führten Astrid Neumann, M.Sc. und Dr. Lisa Recnik.
Open Science ist ein Schwerpunkt im Förderprogramm Horizon Europe der Europäischen Kommission. Die Zahl der wissenschaftlichen Publikation steigt exponentiell, doch gleichzeitig befindet sich die Wissenschaft in der "Replikationskrise" und die meisten Publikation werden nie gelesen oder referenziert. Um die Qualität und Effizienz von Forschung zu steigern, setzt die Europäische Union daher vermehrt auf Open Science, also der offenen Zusammenarbeit und dem gemeinsamen Nutzen von Wissen, Daten und Instrumenten, die auf dem Prinzip der Inklusion, Fairness, Gleichheit und des Teilens beruhen. Dies soll auch zur höheren Reproduzierbarkeit und Wiederverwertung von Daten führen und die Entwicklung von Wissen und Innovation beschleunigen. Die EU hat zu diesem Zweck acht Ziele formuliert. Zur Umsetzung von Open Science in Forschungsprojekten werden zwischen verpflichtenden und empfohlenen Open Science Praktiken unterschieden. Zu verpflichtenden Open Science Praktiken gehört zum Beispiel der offene Zugang ("Open Access") zu wissenschaftlichen Publikationen, die Anwendung der "FAIR"-Prinzipien beim Management von Forschungsdaten oder Verfügungstellung von Metainformationen zu Ergebnissen, Werkzeugen oder Instrumenten. Zu den empfohlenen Praktiken zählen die Einbeziehung von relevanten Akteur*innen wie zum Beispiel auch Bürger*innen ("Citizen Science"), frühes und offenes Teilen von Forschungsergebnissen ("Preprints") oder Management von Forschungsergebnissen, die über das verpflichtende Datenmanagement hinausgehen. Für die Evaluierung von Horizon Europe Anträgen ist es wichtig zu erklären, wie diese Open Science Praktiken im Projekt umgesetzt werden, wie Open Science zur Entwicklung von Forschung und Innovation beiträgt und wie das Konsortium das nötige Wissen in Open Science Methoden in das Projekt einbringt.
Es gibt zahlreiche Definitionen für Open Science, sie haben jedoch gemein, dass Forschungsergebnisse, Daten, Tools o.ä. frei zugänglich sein müssen und von allen genützt werden können. Forschungsprojekte bauen immer auf Vorarbeiten und früheren Ergebnissen auf, daher ist es wichtig, dass diese Vorarbeiten öffentlich zugänglich gemacht werden, um den Prozess der Wissenschaft zu vereinfachen. Außerdem hat Open Science auch einen hohen Qualitätsanspruch. Die zwölf Vienna Principles repräsentieren das Ideal der offenen Wissenschaft. Dazu gehört neben Verfügbarkeit, Reproduzierbarkeit und Transparenz auch Prinzipien wie Zusammenarbeit, Evaluierung, Innovation u.v.m. Für das Open Science Network Austria (OANA) beinhaltet Open Science eine Reihe von Elementen wie Open Methodology, Open Evaluation oder Open Infrastructures. Genauer präsentiert wurden die Elemente Open Access und Open Research Data. Für die Publikation von wissenschaftlichen Fachbeiträgen mit freiem Zugang ("Open Access") gibt es zwei verschiedene Wege: als goldener Weg wird die Publikation in einem sogenannten Open Access Journal bezeichnet und der grüne Weg zeichnet sich durch die nachträgliche Veröffentlichung des Artikels in einem frei zugänglichen Repositorium aus. Offen zur Verfügung gestellte Daten erlauben es jeder Person mit Internetanschluss, auf diese zuzugreifen, sie zu analysieren oder weiterzuverwenden. Dabei ist außerdem auf die Einhaltung des FAIR-Prinzips zu achten. FAIR steht für "Findable" (auffindbar), "Accessible" (zugänglich), "Interoperable" (interoperabel) und ""Reusable" (wiederverwendbar). Das heißt, dass die offenen Daten mit Metadaten und PIDs (persistent identifiers) versehen sind, in frei zugänglichen Repositorien gespeichert werden, den technischen Normen entsprechen und mit einer klaren Lizenz inklusive Herkunftsangaben versehen sind. Diese Prinzipien sollten auch bei Daten eingehalten werden, die z. B. aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht frei publiziert werden können.
Offenheit und Zusammenarbeit in der Wissenschaft soll nicht als Zusatzaufgabe angesehen werden, sondern als Grundlage um Wissenschaft besser auszuführen und qualitativ hochwertige und anspruchsvolle Ergebnisse zu produzieren. Dabei gibt es keinen "One size fits it all"-Zugang, da es zu viele verschiedene Disziplinen mit unterschiedlichen Arten von Forschung gibt. So kann man die Anforderungen an Grundlagenwissenschaft nicht mit angewandter Wissenschaft vergleichen. Daher muss Offenheit und Zusammenarbeit in der Wissenschaft als ein Mittel angesehen werden, um die Produktivität und die Auswirkungen von Wissenschaft zu steigern. Wenn man die Produktivität von Wissenschaft betrachtet, fällt auf, dass in den letzten Jahren - trotz steigender Anzahl an Publikationen und Patenten - die Produktivität in der Wissenschaft rückläufig ist. Dies ist zurückzuführen auf die Reproduzierbarkeitskrise, dem Publication Bias, der Bevorzugung von weniger riskanten Projekten (und daher weniger innovativen) bei Forschungsförderungen und weiteren systemischen Fehlern. Aus diesen Gründen besteht eine steigende Nachfrage nach einem erhöhten wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Impact von Wissenschaft und dem Ruf nach Open Science und Open Innovation in aktuellen Forschungsförderungsprogrammen. Während dem Forschungsprozess gibt es zahlreiche Etappen, bei dem Wissen entweder von außen in das Projekt eingebracht wird, oder von innen nach außen fließt. All diese Schritte können von Offenheit und Zusammenarbeit profitieren. Ein Beispiel dafür ist das Projekt SPOMAN Open Science im Bereich Materialwissenschaften, ein Zusammenschluss der Universität Aarhus mit mehreren Universitäten und Firmen, das Daten aus verschiedenen Projekten für Dritten offen zur Verfügung gestellt hatte. Dieses Angebot wurde jedoch erst angenommen, als die Zusammenarbeit und Wiederverwendung von Daten aktiv gefördert wurde. Darauf aufbauend wurden im zweiten Schritt gemeinschaftlich Forschungsfragen identifiziert. Dabei war es wichtig zu definieren, welche Schritte gemeinschaftlich erarbeitet wurden und welche Schritte rechtlich geschützt wurden (Patente, Firmengründung, etc.). Aus diesem ersten Open Science Projekt der Universität Aarhus entwickelten sich weitere Open Innovation Netzwerke in verschiedenen Bereichen. Auch die Wissenschaftler*innen können von offener Wissenschaft und Zusammenarbeit profitieren. In einer Studie konnte gezeigt werden, dass zwei Drittel aller Open Innovation Projekte in High Impact Journalen publiziert werden und dabei zweimal so oft wie andere Projekte zitiert werden. Bei einer weiteren Studie zu Crowdsourcing bei medizinischen Forschungsfragen wurde aufgezeigt, dass zahlreiche Beiträge von Bürger*innen sich nicht für Forschungsprojekte eignen, da es sich um einfache Problemstellungen handelt. Qualitativ wurde jedoch gezeigt, dass die besten Beiträge von Citizen Scientists jene der professionellen Wissenschaftler*innen bezüglich Neuheit und wissenschaftlichen und praktischen Auswirkungen übertrafen.
Eine Neuerung bei Horizon Europe ist, dass im Projektzyklus auch das Planen von Datenmanagement, sowie das Veröffentlichen und Archivieren von Daten beschrieben werden muss. Unter dem Term "Research Data Management" versteht man den gesamten Lebenszyklus von Forschungsdaten. Dazu gehört neben dem Planen, Generieren und Analysieren der Daten auch deren Dokumentierung, Speicherung und Archivierung sowie die Publikation und Weiterverwendung durch Dritte. Der Data Management Plan (DMP) hilft, die Forschungsdaten zu verwalten. Es handelt sich dabei um ein strukturiertes Dokument, welches durch verschiedenen Stadien eines Projektes führt und erläutert, wie mit den Daten umgegangen wird. Für viele Einreichungen genügt es, ein Template auszufüllen und vorgegebene Fragen zu beantworten. Es gibt aber auch spezielle Softwares, mit denen man einen DMP erstellen kann. Wichtig ist, zwischen den drei Konzepten Open Data, FAIR Data und Research Data Management zu unterscheiden. Open Data bezieht sich auf das Veröffentlichen der Forschungsdaten. FAIR Data beschreibt einen gewissen Goldstandard (siehe oben), der für Open Data gerne verwendet wird. Daten können aber auch nach dem Prinzip FAIR behandelt werden, wenn es sich nicht um Open Data handelt, zum Beispiel wenn die Daten aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht veröffentlicht werden können. Dies ist auch eine Voraussetzung bei Forschungsanträgen der Europäischen Union. Das Research Data Management sorgt für eine Verwaltung der Daten vom Anbeginn der Projektkonzipierung und ermöglicht FAIRe und offene Daten. Um FAIRe und offene Daten zu ermöglichen, ist es wichtig, Repositorien zu verwenden. Dort werden die Daten gemeinsam mit einer Beschreibung der Daten abgespeichert und zum Herunterladen zur Verfügung gestellt. Mit einer Lizenz kann angegeben werden, unter welchen Umständen die Daten weiterverwendet werden dürfen. Außerdem erhält jeder Datensatz einen Persistent Identifier (z.B. DOI), unter dem er eindeutig identifizierbar ist. Die Repositorien garantieren einen sicheren und leicht zugänglichen Speicherplatz und Transparenz anhand der zur Verfügung gestellten Daten. Dadurch können Daten schnell und sicher zwischen Projektpartnern ausgetauscht werden und sogar transdisziplinär weiterverwendet werden. Der Herausgeber der Daten ist klar identifizierbar und die Daten(sätze) sind über die DOI zitierbar. Das Repositorium der Europäischen Kommission ist zenodo, es stehen aber auch fachspezifische Repositorien zur Verfügung. Zu beachten sind auch die verschiedenen Lizenzen für Daten oder Software (Creative Commons, Github, etc.).
Für Citizen Science gibt es - wie auch für Open Science - zahlreiche Definitionen. Generell gesprochen, handelt es sich dabei um die Einbeziehung von Bürger*innen in eine oder mehrere Stufen des Forschungsprozesses. Eine Befragung von mehr als 400 Bürger*innen ergab, das die Grenzen von Citizen Science auch in der Community nicht klar definiert sind. Obwohl einige Tätigkeiten eindeutig als Citizen Science eingeordnet wurden (wie zum Beispiel das Sammeln von Daten) und andere eindeutig nicht zu Citizen Science gezählt wurden (finanzielle Unterstützung oder klinische Versuche), gab es auch einige Beispiele, bei denen sich die Befragten uneinig waren. Dazu gehören zum Beispiel die Gamification von Wissenschaft oder die Bezahlung von Citizen Scientists. Die Europäische Kommission versteht unter Citizen Science die Öffnung von Wissenschaft auf jeder Ebene. Das Engagement der Bürger*innen kann dabei von der Identifizierung und Konzeptualisierung von Forschungsprioritäten, über die Umsetzung und Verwendung bis hin zu dem Auswerten von Forschungsergebnissen reichen. Dabei sehen sie die Citizens als Individuen, die in ihrem eigenen Interesse handeln und sich an der Ko-Kreation von Forschungsinhalten beteiligen. Das White Paper on Citizen Science in Europe unterscheidet zwischen sieben verschiedenen Kategorien im Bereich von Citizen Science. Als "Pooling of Resources" werden Projekte beschrieben, bei denen Citizens Ressourcen wie zum Beispiel die Rechenleistung ihres Computers zur Verfügung stellen wie im Projekt SETI@home. Bei "Collective Intelligence"-Projekten führen Teilnehmer*innen kurze kognitive Aufgaben aus, wie zum Beispiel das Analysieren von Mustern in Fotos oder in Kurzvideos. Eine klassische Kategorie ist "Data Collection" wo Citizen Scientist selbst Daten sammeln und melden. Bei Projekten im Bereich "Analyses" sind Bürger*innen in die Analyse der Daten eingebunden. Eine weitere Kategorie ist "Serious Games", bei der Citizens durch aktives Spielen zu wissenschaftlichen Projekten beitragen. Ziel dieser Spiele ist zum Beispiel das Lösen von schwierigen Problemen oder das Erkennen von Mustern. Bei "Participatory Experiments" sind die Bürger*innen von der Fragestellung bis zum Abschluss des Projektes mit eingebunden. Oft handelt es sich dabei um lokale Projekte, also zum Beispiel um die Luftqualität in der Gegend zu analysieren und verbessern. "Grassroot activities" werden durchgehend von Gemeinschaften getragen und professionelle Wissenschaftler*innen sind entweder gar nicht eingebunden oder werden nur zur Beratung in der Endphase hinzugeholt. Weitere Informationen zu Citizen Science und Projekten in diesem Bereich können auf der Plattform EU-citizen.science oder auf nationalen Plattformen wie z.B. Österreich forscht gefunden werden.
Am 13. Dezember fand der Workshop-Teil zu "How to win grants with Open Science" unter der Leitung von Dr. Ivo Grigorov (Technical University of Denmark) statt. Darin konnten die Teilnehmer*innen in Kleingruppen das Für und Wider von Open Science diskutieren und tiefer in die Welt von Open Science eintauchen. Außerdem erhielten sie wertvolle Tipps und Tricks, wie sie Open Science Elemente sinnvoll und effizient in ihren Forschungsantrag einarbeiten können.
Das Wissenstransferzentrum Ost (WTZ Ost) ist ein Projekt von allen neun Wiener Universitäten, sowie drei Fachhochschulen aus Wien und Niederösterreich. Das Ziel des WTZ Ost ist der Wissens- und Technologietransfer in all seinen Dimensionen. Dabei wird Wert darauf gelegt, dass neue Erkenntnisse, Technologien, Erfindungen und Know-How nicht nur innerhalb der Hochschulen optimal zusammengeführt wird, sondern dieser Schatz an Wissen und Technologie auch für unsere Gesellschaft, der Wirtschaft und der Politik zugänglich gemacht wird. Gefördert wird das WTZ Ost durch die aws aus Mitteln der Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung (Österreich-Fonds) gefördert und ist in vier Kooperationsvorhaben eingeteilt. Das Kooperationsvorhaben "Innovation matters" beschäftigt sich mit dem interdisziplinären Wissensaustausch über innovative Forschungsmethoden. Zu diesem Zweck wurde von Mitarbeiter*innen der Universität für Bodenkultur Wien gemeinsam mit der Ludwig Boltzmann Gesellschaft eine Workshopreihe über Open Science Tools veranstaltet. Darin wurden aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen Werkzeuge und Methoden vorgestellt, die für eine offenere und transparentere Wissenschaft sorgen. Fünf Workshops zu den Themen Gesundheit, Pflege, Wohnen, Bildung und Klima haben bereits stattgefunden. Dieser Workshop, der als disziplinenübergreifender Workshop organisiert wurde, fand am 10. und 13. Dezember als letzte Veranstaltung in der Reihe statt.
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