Dieser Bericht ist das Ergebnis dieser Konferenz, deren Ziel es war, die unterschiedlichen österreichischen Citizen Science Akteur*nnen zu vernetzen und gemeinsame Strategien zur Stärkung dieser Methode in Österreich zu erarbeiten. Die in diesem Bericht geäußerten Ansichten und Meinungen müssen nicht mit denen der beteiligten Organisationen übereinstimmen. Die in diesem Bericht geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Haltung der Autoren wieder und sind keinesfalls als offizieller Standpunkt der beteiligten Organisationen zu betrachten.
08:00-09:00 | Registrierung | Kaffee/Tee |
09:00-09:03 | Assoc. Prof. Johann Zaller Universität für Bodenkultur Wien | Eröffnung |
09:03-09:13 | Prof. Josef Glössl Universität für Bodenkultur Wien | Eröffnung |
09:13-09:23 | MinR. Dr. Christian Smoliner Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft | Eröffnung |
09:23-09:25 | Dipl.-Ing. Florian Heigl Universität für Bodenkultur Wien | Eröffnung |
09:25-09:30 | David Ziegler, M.A. Museum für Naturkunde Berlin | GEWISS |
09:30-09:40 | Claudia Magdalena Fabian, M.A. Zentrum für Soziale Innovation, Wien | Citizen Science Whitepaper |
09:40-10:00 | Dr. Robert Brodschneider Universität Graz | C.S.I. Pollen und bienenstand.at |
10:00-10:20 | Dr. Jutta Leskovar, Ph.D. Oberösterreichisches Landesmuseum, Leonding | Citizen Science und Archäologie |
10:20-10:30 | Mag. Pamela Bartar, MAS Zentrum für Soziale Innovation, Wien | Citizen Science und Wissenschafts-PR |
10:30-11:00 | Pause | Kaffee/Tee und Snacks |
11:00-11:20 | Dr. Veronika Ruzsanyi Medizinische Universität Innsbruck | Citizen Science in der Medizin |
11:20-11:40 | Mag.a Sylvia Petrovic-Majer Open Knowledge Foundation Austria, Wien | Citizen Science in Kunst und Kultur |
11:40-12:00 | Dr. Peter Kraker Know Center, Graz | Citizen Science und Open Science |
12:00-12:20 | Priv.-Doz. Dr. Karl-Heinz Leitner TU Wien, AIT Wien | Citizen Science und Wirtschaft |
12:20-13:30 | Mittagspause | Buffet |
13:30-14:30 | Workshop | |
parallel dazu | Projektpräsentation | |
14:30-15:00 | Präsentation Workshopergebnisse | |
15:00-15:45 | Pause | Kaffee/Tee und Snacks |
15:45-16:05 | Arbeitsgruppe Citizen Science Universität für Bodenkultur Wien | Österreich forscht |
16:05-17:00 | Ausklang | Sekt |
Am 26.02.2015 fand an der Universität für Bodenkultur Wien die erste Österreichische Citizen Science Konferenz unter dem Motto „Österreich forscht“ mit gut 80 Teilnehmer*innen statt. Finanziell unterstützt wurde die Konferenz vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW), vom Department für Integrative Biologie und Biodiversitätsforschung der BOKU und von der Naturschutzabteilung der Stadt Wien (MA22). Die Veranstaltung war als ÖkoEvent zertifiziert, was bedeutete, dass auf einen möglichst schonenden Ressourcenumgang geachtet und eine Anreise der Konferenzteilnehmer*innen mit öffentlichen Verkehrsmitteln empfohlen wurde. Auch das Catering wurde von www.bookacook.at als ein vegetarisches Biocatering durchgeführt.
In seiner Eröffnungsrede erklärte Prof. Johann Zaller, Leiter der Arbeitsgruppe Citizen Science am Institut für Zoologie an der Universität für Bodenkultur Wien, die Beweggründe für die Organisation dieser ersten transdisziplinären Citizen Science Konferenz Österreichs. Ziel war es, die unterschiedlichen Citizen Science Akteur*innen in Österreich zu vernetzen und einen Austausch über die Disziplinen hinweg zu ermöglichen, denn oft stehen Citizen Science Projekte vor ähnlichen Herausforderungen und Problemen.
Auch Prof. Josef Glößl, Vizerektor für Forschung der Universität für Bodenkultur Wien, verwies nach einem kurzen geschichtlichen Abriss, auf die Verantwortung der Wissenschaft gegenüber der Gesellschaft und wie die Universität für Bodenkultur Wien diese verantwortungsvolle Forschung schon heute, auch in Form von Citizen Science, einsetzt.
Ministerialrat Dr. Christian Smoliner vom BMWFW betonte in seiner Rede die Bedeutung, die Citizen Science in Zukunft in der Forschungslandschaft in Österreich haben soll, und bezog sich dabei auf den tags zuvor veröffentlichten „Aktionsplan für einen wettbewerbsfähigen Forschungsraum“.
In einer kurzen Einführung sprach M.A. David Ziegler vom deutschen GEWISS Konsortium über die deutsche Plattform www.buergerschaffenwissen.de. Zudem stellte er die European Citizen Science Association (ECSA) vor und zeigte die Stärkung von Citizen Science aus deutscher Sicht auf.
Im ersten Beitrag berichtete M.A. Claudia Magdalena Fabian vom Zentrum für Soziale Innovation (ZSI) vom Projekt Socientize und dem „Weißbuch: Citizen Science in Europa“, welches die wichtigsten Empfehlungen für Wissenschaftspolitik, die Citizen Science Community und Projekte in Europa beinhaltet und unter der Leitung des ZSI entstand.
Der nächste Vortrag von Dr. Robert Brodschneider von der Universität Graz beschäftigte sich mit den Projekten bienenstand.at und C.S.I. Pollen, welche die Bienengesundheit in Österreich unter der Mitwirkung von Imker*innen untersucht.
Dr. Jutta Leskovar vom Oberösterreichischen Landesmuseum in Leonding erzählte von ihren Erfahrungen in der Archäologie mit geleiteten und ungeleiteten Amateur*innen in Bezug auf archäologische Funde.
In ihrem Vortrag über Citizen Science und Wissenschafts-PR sprach Mag. Pamela Marjan Bartar, MAS, über den Wunsch nach Lebensnähe und einer engen Kollaboration mit Bürger*innen seitens Wissenschaft und Forschung.
Dipl.-Ing. Florian Heigl und Benjamin Dauth, Bsc., berichteten über die Erfahrungen der Arbeitsgruppe Citizen Science im Einsatz von Citizen Science in der Lehre an der Universität für Bodenkultur Wien.
Mag.a Sylvia Petrovic-Majer nahm sich dem Thema Citizen Science im Kunst- und Kulturbetrieb, im Besonderen in Museen und Gallerien, an und erwähnte dabei spannende Projekte wie zum Beispiel Grazwiki.
Dr. Peter Kraker vom Know Center in Graz ging auf einen weiteren wichtigen Aspekt von Citizen Science, nämlich Open Science, d. h. der Öffnung der Wissenschaft gegenüber der Gesellschaft, ein.
Im letzten Vortrag sprach Priv.-Doz. Dr. Karl-Heinz Leitner von der TU Wien und dem AIT Wien über den Einsatz von Citizen Science in der Wirtschaftsforschung und von Spannungsfeldern in Open Science und Open Innovation.
Nach der Mittagspause wurde die Strategie für Citizen Science in Österreich von den Teilnehmer*innen im Rahmen eines World Cafes erarbeitet. Die Resultate des World Cafés finden Sie weiter unten.
Parallel dazu konnten alle, die nicht am World Cafe teilnehmen konnten oder wollten, sich über aktuelle und zukünftige Citizen Science Projekte in Österreich im Rahmen einer Postersession informieren.
Im abschließenden Vortrag präsentierte die Arbeitsgruppe Citizen Science ihre Vision von Citizen Science in Österreich. Prof. Johann Zaller fasste den Tag kurz zusammen, Mag. Daniel Dörler ging im Detail auf die Ziele der Arbeitsgruppe ein, und Dipl.-Ing. Florian Heigl und Benjamin Dauth, BSc., präsentierten die neu gestaltete Website für Citizen Science Projekte in Österreich: www.citizen-science.at.
Wir danken allen Vortragenden für ihre interessanten Präsentationen im Vortragsteil und in der Postersession. Allen Teilnehmer*innen danken wir für die regen Diskussionen und die tollen Ergebnisse im Workshop. Wir freuen uns schon jetzt auf die Österreichische Citizen Science Konferenz 2016.
Im Rahmen eines World Cafés diskutierten knapp 40 Teilnehmer*innen im Rahmen der Österreichischen Citizen Science Konferenz 2015 über eine Citizen Science Strategie für Österreich. Der folgende Text fasst die Aussagen der Teilnehmer*innen zusammen und soll als Grundlage für die Diskussion der weiteren Entwicklung von Citizen Science in Österreich dienen.
Eine der Kernfragen dabei war, wie die Gesellschaft von Citizen Science profitieren kann. Der wohl wichtigste Aspekt dabei war, dass sowohl Bevölkerung, als auch Kunst und Wissenschaft gleichermaßen voneinander profitieren können. Durch die verstärkte Kommunikation wird eine Bewusstseinsbildung auf beiden Seiten erreicht. Bei der Bevölkerung führt dies zu Wissensgenerierung und zum Hinterfragen von Prozessen, bei Kunst und Wissenschaft zum Ändern von Blickwinkeln und Fragestellungen. Die Grenzen zwischen Gesellschaft und Kunst und Wissenschaft verschwimmen und die Gesellschaft kann aktiv an Problemlösungen teilnehmen.
Doch wo sind die Grenzen bzw. ist die Bevölkerung überhaupt an Citizen Science interessiert? Großer Klärungsbedarf besteht hier für die Teilnehmer*innen bei den Datennutzungsrechten, welche alle Citizen Science Projekte betreffen. Dazu kommen projektspezifische ethische und/oder rechtliche Fragen. Grenzen sehen die Teilnehmer*innen in zu komplexen Fragestellungen, die ein großes Maß an Vorwissen voraussetzen, oder in Methoden, bei denen nicht alltägliches oder nicht leicht zu beschaffendes Equipment benötigt wird.
Die Fragen, welche Citizen Science Projekt es in Österreich gibt und ob es Möglichkeiten der (transdisziplinären) Kooperation gibt, war für die Teilnehmer*innen nur sehr schwer zu beantworten. Es gibt eine Reihe von kleinen Projekten in Österreich, die von Vereinen, NGOs, Servicestellen oder ähnlichem getragen werden, doch meist kennen sich diese Projekte untereinander nicht. Man bleibt in seinem Fachgebiet und hat daher keine Informationen über andere Projekte, mit denen eine potentielle Kooperation möglich wäre. Dadurch entsteht keine Kommunikation, welche aber Grundvoraussetzung für Kooperation ist.
Hürden beim Aufbau eines Citizen Science Projektes wurden vielfach erlebt. Ganz allgemein ist der Übergang von der traditionell institutionalisierten Wissenschaft und Kunst hin zu Citizen Science ein Kulturbruch, der manchen Angst macht. Aber durch die neuen Technologien kann Citizen Science ein Weg zu weiterer Demokratisierung in Kunst und Wissenschaft sein. Auch die Finanzierung und das Zusammenführen verschiedener Partner*innen sind Herausforderungen, vor denen Citizen Science steht. Beim Aufbau eines Projektes sollten die Projektleiter*innen neben der jeweiligen Fachkompetenz auch EDV-Skills, Erfahrung in Projektmanagement und Medienarbeit, Projektkoordination und Social Skills zur Interaktion mit den Teilnehmer*innen besitzen. Durch partizipatives Projektdesign können sich Projektziele ändern, es entsteht das Risiko des Kontrollverlustes. Das macht das budgetieren schwer, da sich das Projekt erst entwickeln muss.
Nach dem Start des Projektes stellen Datenschutz und Urheberrechte die nächste Hürde dar. Hier orten die Teilnehmer*innen juristischen Beratungsbedarf. Die Daten müssen aber auch organisiert und deren Qualität validiert werden, z. B. durch andere User*innen oder Crowd Rating.
Die eingesetzten Methoden bei Citizen Science Projekten sind vor allem projekt- und zielgruppenabhängig. Das Spektrum reicht von Papier und Bleistift bis zu Smartphone-Apps und Onlineformularen. Dazu muss der/die Projektleiter*in wissen, mit welcher Methode er seine Zielgruppe am besten erreicht. Für Kooperationen besonders wichtig sind kompatible Daten. Dazu soll es Standards geben, die von einer übergeordneten Instanz erstellt und überwacht werden. Wichtig ist der gegenseitige Respekt von Wissenschaft, Medien und Technik.
Klare Empfehlungen gibt es für den Einsatz von Citizen Science an Schulen und Universitäten in der Lehre. Dabei können und sollen empirische Daten erhoben werden, um damit das Interesse an Wissenschaft schon bei Schulkindern zu wecken. So kann die Heimat über verschiedene Projekte kennengelernt oder bereits vorhandenes Wissen vertieft werden. Lokales Wissen von Kindern und Jugendlichen kann bereits beim Planungsprozess gesammelt und eingebunden werden. Daten können über eine spielerische Anwendung gesammelt werden, auch eine Art Wettbewerb wäre denkbar. Durch die erhöhte Affinität von Kindern und Jugendlichen zu moderner Technik kann diese dort auch sinnvoll eingesetzt werden.
Doch nicht nur Kinder und Jugendliche sollen erreicht werden. Potentiell sind alle Bürger*innen, abhängig von den jeweiligen Projekten, Fragestellungen und vom Level der Betroffenheit, Citizen Scientists. Über Vereine, in denen jeweilige Zielgruppen vielleicht schon organisiert sind, können Teilnehmer*innen leichter erreicht werden.
Welches genau die Zielgruppen sind, lässt sich nicht nur schwer allgemein definieren. Einzelne Projekte werden die Untersuchung so niederschwellig ansetzen, dass möglichst viele Menschen mitmachen. Andere Projekte wollen eher Spezialist*innen erreichen und nicht die große Masse. Es kommt auch darauf an, wer das Thema initiiert. Sind es Wissenschaftler*innen oder Vereine? Über eine Umweltanalyse könnten mehr Informationen zu den möglichen Zielgruppen gewonnen werden. Auch die Form der Kommunikation ist entscheidend um den Austausch zwischen Wissenschaft/Kunst und Citizen Scientists zu erhöhen.
Um Teilnehmer*innen zum Mitmachen zu motivieren, gibt es verschiedene Ansätze. Generell sollten die Beiträge der Teilnehmer*innen sichtbar gemacht werden. Sie sind nicht nur Datenroboter, sondern Subjekte im Forschungsprozess. Die soziale Komponente sollte dabei nie vergessen werden (z. B. das gemeinsame Bier nach der Aktivität). Man soll sich in die Teilnehmer*innen hineinversetzen (Empathie), sie dort abholen, wo sie Interessen haben und vorhandene Strukturen nutzen.
Zur Vereinfachung bereits bestehender bzw. zukünftiger Citizen Science Projekte bedarf es bestimmter politischer Rahmenbedingungen, wie z. B. Zugang zu Ressourcen wie Internationale Literatur (Open Access). Es sollte eine Citizen Science Koordinationsstelle geben, die nicht nur Anlaufstelle für Bürger*innen ist, sondern auch social skills an die Wissenschaftler*innen und Künstler*innen weitergibt. Dazu braucht es aber eine nationale Strategie und eine ministerienübergreifende Zusammenarbeit. Von öffentlicher Seite müssen Daten freigegeben werden, und der Stellenwert von Kunst und Wissenschaft in der Bevölkerung sollte über Imagekampagnen erhöht werden. Open Source Technologien sollten gefördert werden.
Wie könnte/sollte Citizen Science nun in 10 Jahren in Österreich gestaltet sein? Es soll eine nationale und institutionelle Koordinationsstelle für Citizen Science geben, die einen möglichst niederschwelligen Zugang ermöglicht. Zusätzlich soll es an jeder Institution ab einer bestimmten Größe eine für Citizen Science verantwortliche Person geben. Citizen Science soll dezentral gefördert werden, d. h. es soll viele Zentren in ganz Österreich geben (nicht nur in Wien). Engagierte Bürger*innen haben freien Zugang zu Forschungsressourcen und sind in Citizen Science integriert. Es herrscht ein ethischer Umgang mit Rechten und Ergebnissen der Bürger*innen. Citizen Science ist in der Bevölkerung bekannt und die Bürger*innen wissen, an welche Stellen bzw. Personen sie sich bei Bedarf wenden können. Wissenschaft und Kunst sind in der Bevölkerung wieder mehrheitlich positiv besetzt. Es gibt open source frameworks, die allen Initiativen zur Verfügung stehen.