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AmphiBiom: Ich forsche mit!

Elster sammelt Nistmaterial am AmphiBiomTeichrand Elster sammelt Nistmaterial am AmphiBiomTeichrand (c) Gabriele Resch

Meine Erfahrungen im ersten Jahr bei der Teilnahme am Citizen Science-Projekt zur Erforschung der Wechselkröten in privaten Gärten. Als eine von 300 Teilnehmer:innen erhielt ich eine Teichschale und Equipment zur Sammlung von Daten und Wasserproben.

Das wäre was für dich!", schrieb mir meine Freundin mit einem Link zum Citizen-Science-Projekt AmphiBiom der BOKU University Wien. Sie weiß, dass ich gerne forsche und vor allem Insekten, im Besonderen Wanzen, Vögel und Amphibien fotografiere. Mein Herz begann höher zu schlagen: eine Teichschale eingraben, mit Wasser befüllen und zwei Jahre lang beobachten, ob sich in unserem Garten hier im Marchfeld Wechselkröten dieses künstliche, vegetationslose Gewässer als Laichplatz aussuchen. „Da bin ich dabei!", war mein spontaner Entschluss. Nachdem ich unter den zahlreichen Anmeldungen ausgewählt worden war, war meine einzige Hürde, meinen Mann zu überzeugen, die Grabarbeiten zu übernehmen. Ende Februar 2024 war unser Garten um ein Feuchtbiotop reicher. Dass es in unmittelbarer Umgebung Wechselkröten gibt, da war ich mir sicher, denn vor Jahren hatten wir ein Tier im Keller gefunden.

Im März begann die Zeit des Monitorings. In Abständen von 14 Tagen kescherte ich zügig in der Teichschale und warf einen neugierigen Blick auf den Versuchsteller, wo sich der Inhalt des Keschers offenbarte. Für die ersten Tiere Anfang März reichte die Bildqualität meines Smartphones nicht aus. Erst das Makroobjektiv meiner Spiegelreflexkamera machte die winzigen Springschwänze gut sichtbar. An den erdigen Rändern des Teiches machte sich eine Sandbiene daran, ein Nest zu bauen. Sie fand durch unsere Grabarbeiten ideale Bedingungen für ihren Nistplatz vor. Ein paar Tage später entdeckte ich zwei Wasserläufer, die es eilig hatten mit der Paarung. Wie schnell sie das neue Biotop ausgekundschaftet hatten! Es dauerte nicht lange, konnte ich die die ersten Larven der Wasserläufer auf dem Versuchsteller bewundern. Die Fotos der Teichbewohner lud ich wie im Projekt vorgesehen in zweiwöchigem Abstand auf der AmphiApp hoch. Dort werden die Eingaben aller 300 Teilnehmer:innen regelmäßig kontrolliert und validiert. Begleitend werden die Hobby-Forscher:innen mit Informationen, Auswertungen und Ankündigungen bevorstehender Aktivitäten betreut.


Springschwänze (c) Gabriele Resch
Wasserläufer (c) Gabriele Resch
Wasserläufer Larven (c) Gabriele Resch

„Diebische" Elstern hatten es auf die Kokosmatte abgesehen, die als Ausstiegshilfe für ins Wasser gefallene Landtiere vorgesehen ist. Abwechselnd flogen Weibchen und Männchen heran und zupften mit ihren Schnäbeln unermüdlich an den Fasern. Zwischendurch benetzten sie die Fasern mit feuchter, klebriger Erde und verschwanden mit dem Nistmaterial in der hohen Fichten des Nachbargartens.

Mittlerweile war der April gekommen. Es wurde wärmer, die Naturwiese ergrünte, die Krokusse waren verblüht und machten den Tulpen und Traubenhyazinthen Platz. Die Obstbäume erwarteten ihre Bestäuber und ich ersehnte die ersten Amphibien herbei, ganz besonders die grün gefleckten, die seltenen Wechselkröten. Auf dem Versuchsteller präsentierte ich ihnen das Futter für ihre Kaulquappen: Gelsenlarven und –puppen, Zuckmücken- und Eintagsfliegen-Larven. Aber auch potenzielle Fressfeinde wie die mit zangenartigen Mandibeln ausgestatteten Larven von Schwimmkäfern fanden sich im Kescher. Im Mai wuchs die Zahl der Wasserwanzen und ihrer Nymphen beträchtlich an. Ruderwanzen mit ihrer netzartigen, hell marmorierten Flügeloberseite lebten nun im Teich, genauso wie eine Vielzahl von Rückenschwimmern. Während Erstere an ins Wasser gefallenen Pflanzenteilen saugten, ernährten sich die mit einem Stechrüssel versehenen Rückenschwimmer und ihre Nymphen von ins Wasser gefallenen Insekten. Für adulte Schwimmkäfer von der Gattung Agabus war der Tisch reichlich gedeckt. Kaulquappen jeglicher Art jedoch fehlten immer noch.

Feldwespe am Teich (c) Gabriele Resch
Plattbauch auf Jagd in Teichnähe (c) Gabriele Resch
Plattbauch Libellenlarve (c) Gabriele Resch
Plattbauch Libellenlarve, Rückenschwimmer und Ruderwanze (c) Gabriele Resch

Unsere Wiese wird nur an wenigen Stellen gemäht. Die Kräuter dürfen wachsen und erblühen. Heuer nahm die zottige Vogelwicke überhand. Ihr Lila überstrahlte den Garten. Zwischen den erwünschten „Unkräutern" flatterten hübsche Falter. Der Plattbauch, eine Großlibelle mit auffallend blauen Hinterleibs-Segmenten, lauerte auf Beute. „Wenn der nicht seine Eier in der Teichschale abgelegt hat!", ging es mir durch den Kopf. Ich sollte Recht behalten, wie sich in den Folgemonaten herausstellte.
Es war nun an der Zeit, das 1. Monitoring-Quartal abzuschließen und das Proberöhrchen mit Exemplaren der gefundenen Tiere an das Projektteam zu schicken. In den folgenden 3 Monaten war das Auffüllen des Teiches eine wichtige Aufgabe. Die ausbleibenden Regenfälle hätten ansonsten sehr schnell zur Austrocknung geführt. Durch die Erwärmung des nun schon nährstoffreichen Wassers vermehrten sich auch die Algen. Das Wasser hatte eine grünliche Färbung angenommen. Auf der Oberfläche jagte eine große Anzahl an Wasserläufern. Sie saugten an ins Wasser gefallenen Zikaden und Kleinschmetterlingen, für die es, einmal in ihre Fänge geraten, kein Entkommen gab. Über der Wasseroberfläche hatten Spinnen ihre Fangnetze gespannt und lauerten auf Insekten, die das Wasser anzog. Regelmäßig flogen Feldwespen heran. Sie landeten direkt auf dem Wasser ohne einzusinken und stillten ihren Durst.

Im Juni meldete ich die ersten Libellenlarven in der AmphiApp ein. Es waren grünliche, plumpe Larven von gut zwei Zentimetern Länge. Ich bin mir sicher, dass es die Nachkommen der Plattbauch-Libellen sind. Diese Libellenart ist eine Pionierart, die vegetationsarme und besonnte Tümpel auf lehmigen, sandigen Böden für ihre Eiablage wählt. Im August färbten sich die Larven bräunlich, die Zahl der Rückenschwimmer war unüberschaubar geworden. Zum Glück kippte das warme Teichwasser nicht infolge der starken Erwärmung und Substrateintragung. Den Tauben spielte es keine Rolle, dass das Wasser trüb und unansehnlich geworden war. Sie bevorzugten es zur Labung, obwohl unweit entfernt eine Vogeltränke mit frischem Wasser bereitstand. Ringeltauben und Türkentauben flogen heran, Feldsperlinge erkundeten neugierig die Teichränder. Die jungen Elstern, längst flügge geworden, besuchten den Teich, an dem einst ihre Eltern das Material für ihre Nester gesammelt hatten.
Beim letzten Monitoring Ende August konnte ich nur Wasserwanzen und eine Libellenlarve einmelden. Die Projektbetreuer:innen versicherten uns jedoch, dass Absenzdaten ebenso wertvoll sind, weil die Wissenschaftler:innen daraus wichtige Rückschlüsse ziehen können, warum eine Art an einem Standort vorkommt, eine andere jedoch fehlt.

Die Naturwiese wurde Anfang September gemäht. Der ausgedorrte Boden saugt nun Mitte September den Dauerregen auf wie ein trockener Schwamm. Sturm und Regen bewegen die Wasseroberfläche, unter der die noch verbleibenden Lebewesen in der Schlammschicht ihren Ruheplatz gefunden haben. Spätestens Mitte Oktober sind die Citizen Scientists aufgefordert, den Stöpsel zu ziehen und den Teich zu entleeren. Die Schlammschicht muss entfernt werden, damit im Folgejahr der Neustart für die zweite und letzte Monitoringrunde beginnen kann. Der Natur gleich, müssen die den natürlichen Pfützen nachgeahmten Teichschalen im März wieder ideale Bedingungen ohne Fressfeinde für das Ablaichen der Wechselkröten bieten.
Ich habe gelesen, dass die Larven der Plattbauchlibellen das Gewässer verlassen und über Land zu einem anderen Gewässer wandern können. Faszinierend. Ob sie den Teich im Nachbargarten finden werden? Dann könnten sie ihre Entwicklung fortsetzen und im nächsten Jahr als adulte Plattbauch-Libellen ihre Exuvien verlassen.


Ich habe viel dazugelernt im vergangenen Sommer durch meine genauen Beobachtungen und durch die wertvollen, begleitenden Informationen des Projektteams. Dafür herzlichen Dank. Meine drei Enkelsöhne haben mit mir geforscht und ebenfalls viel Interessantes über das Leben im und um den Teich kennengelernt. Gemeinsam werden wir im kommenden Jahr weiterforschen.


Auf Story.one hat Gabriele Resch dem Projekt AmphiBiom unter Gabriele_ Krele-Art 3 Storys gewidmet: „Dorfkröten machen sich rar", „AmphiBiom: Das 1. Teichmonitoring-Quartal", „AmphiBiom: Das 2. Teichmonitoring-Quartal" - es lohnt sich sehr, hineinzulesen!


„Dieses Projekt wird durch den Biodiversitätsfonds des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gefördert."

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