Institut für Ökologie
Universität Innsbruck
Technikerstrasse 25
6020 Innsbruck
Zu diesem Projekt gibt es einen Blog:
Projekt-BlogWir suchen die Asiatische Mörtelbiene!
Die Heimat der Asiatischen Mörtelbiene (Megachile sculpturalis, Smith 1853) liegt weit entfernt im Osten (Japan, China, Korea und Taiwan). Vor rund zehn Jahren wurde die Asiatische Mörtelbiene als erste gebietsfremde Wildbiene Europas in Frankreich entdeckt. Seitdem ist sie besonders umtriebig und breitete sich rasant in ganz Europa aus. Gemeinsam suchen wir die Asiatische Mörtelbiene in Österreich.
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Die Asiatische Mörtelbiene ist eine sehr auffällige Wildbiene. Selbst auf Fotos oder Videos ist sie relativ leicht von allen anderen heimischen Bienen unterscheidbar.
© Felix Fornoff 2020
Die Asiatische Mörtelbiene ist ein häufiger Gast künstlicher Nisthilfen, sogenannten „Bienenhotels“. Wie auch andere Wildbienen benötigt die Asiatische Mörtelbiene für ihre Nachkommen Hohlräume in Totholz – die vorgefertigten Löcher in Insektenhotels sind dafür ideal geeignet. Dort findet die Biene Platz, um ihre Nester anzulegen, da sie trotz ihrer Größe und des kräftigen Kiefers nicht in der Lage ist, selbst Gänge in Holz zu bohren.
Pollen sammelt die Asiatische Mörtelbiene bevorzugt bei exotischen Pflanzen, welche in Mitteleuropa häufig als Zierpflanzen eingeführt wurden. Diese Zierpflanzen schmücken Garten und Parks, wie etwa der Japanische Schnurbaum. Nektar trinken die Asiatische Mörtelbienen gerne bei Lavendel oder Blauregen.
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Die Asiatische Mörtelbiene ist die erste und bisher einzige invasive Wildbiene Europas.
Zu dieser Erkenntnis trugen Teilnehmer*innen des Citizen Science Projektes maßgeblich bei. Teilnehmer*innen meldeten aggressives Verhalten gegenüber heimischen Wildbienen. Die Asiatische Mörtelbiene wurde beobachtet, wie sie Nester einheimischer Wildbienen ausräumte. Die freigewordenen Gänge benutzte die invasive Biene für den Eigengebrauch. Basierend auf diesen Meldungen und weiteren Daten aus Frankreich, wird die Asiatische Mörtelbiene als invasive Art eingestuft.
Dennoch stellt nicht jede eingeschleppte Art sofort eine Bedrohung für die heimische Biodiversität dar. Es gilt für jeden Neuankömmling, genaue Untersuchungen anzustellen, ob und welche Konsequenzen durch die Einschleppung zu erwarten sind. Sollte die eingeschleppte Art einen beobachtbar negativen Einfluss auf die neue Umwelt haben, wird sie als invasiv eingestuft.
Ziel des Projektes ist es, die Asiatische Mörtelbiene ausfindig zu machen. Einerseits zielt die wissenschaftliche Forschung darauf ab, negative ökologische Konsequenzen in Europa zu untersuchen. Wir nehmen biotische Beziehungen der Asiatischen Mörtelbiene genau unter die Lupe und untersuchen das Verhalten hinsichtlich der Pflanzen- und Nistplatzwahl. Andererseits erforschen wir die Gene der Asiatischen Mörtelbiene. In diesen Laborstudien untersuchen wir die Einwanderungsgeschichte der Asiatischen Mörtelbiene in Europa. Durch den Aufbau eines internationalen Expert*innen-Netzwerkes arbeiten wir auch an vielen weiteren Fragestellungen, zum Beispiel welche Bakterien und Viren die Biene besiedeln.
Abseits unserer wissenschaftlichen Ziele ist es uns ein Anliegen, die Teilnehmer*innen auf die lokale Fauna aufmerksam zu machen. Citizen Scientists bekommen ein Gespür für die möglichen Auswirkungen gebietsfremder und invasiver Arten. Ihnen wird ein neuer Blickwinkel in Bezug auf künstliche Nisthilfen und aktive Eingriffe in ökologische Systeme aufgezeigt. Wir möchten zeigen, mit welch einfachen Maßnahmen Wildbienen sowie andere Insekten gefördert werden können. Unsere Teilnehmer*innen bekommen zudem auch einen Einblick in Forschungsprozesse.
In den vergangenen Jahren haben wir bereits fleißig zu der Asiatischen Mörtelbiene geforscht und die Ergebnisse in diversen fach- und populärwissenschaftlichen Artikeln publiziert. Um allen Zugang zu unseren Artikeln zu ermöglichen, haben wir bewusst auf Open Access gesetzt.
Die Ergebnisse der ersten Jahre Citizen Science wurden 2020 veröffentlicht. In diesem Artikel präsentierten wir die vielen Fundorte, welche unsere Teilnehmer*innen erhoben. Wir stellten fest, dass die Ausbreitung außergewöhnlich rasch vonstattengeht und sich Österreich in einem jungen Invasionsstadium befindet.
Um die Ausbreitungsgeschichte der Asiatischen Mörtelbiene zu rekonstruieren, haben wir populationsgenetische Untersuchungen durchgeführt. Die Mörtelbienen wurden zum Teil von Teilnehmer*innen gesammelt und uns anschließend zur Verfügung gestellt. Dabei konnten wir mehrere Bienengruppen in Mitteleuropa identifizieren. Die ersten genetischen Ergebnisse geben Hinweise darauf, dass die derzeitige Verbreitung auf mehrere, unabhängige Einschleppungen der Wildbiene auf dem europäischen Kontinent zurückzuführen ist. Den Artikel finden Sie hier.
Eine ganz besondere Freude war es, zusammen mit einem Teilnehmer einen kleinen Artikel zur Ausbreitung in Österreich zu verfassen. In den „Beiträgen zur Entomofaunistik“ stellen wir die Asiatische Mörtelbiene als eine Bienenart für Österreich vor. Der Artikel kann hier gelesen werden.
Ausbreitung von M. sculpturalis in Österreich (2017 bis 2020) © Lanner & Meyer 2020
In einem Review, veröffentlicht 2021 in BeeWorld, stellen wir die Hauptmerkmale der Asiatischen Mörtelbiene, ihren Lebenszyklus und ihre derzeitige Verbreitung in besiedelten Regionen vor. Wir diskutieren mögliche ökologische Auswirkungen auf heimische Bienen. Darüber hinaus untersuchen wir die Rolle von Imker*innen in Monitoring-Projekten und argumentieren, warum sie wertvolle Teilnehmer*innen in partizipativen Studien sind. Zum Artikel geht es hier.
BeeRadar gab den Startschuss für eine internationale Studie bestehend aus 19 Autor*innen aus aller Welt: USA, China, Frankreich, Italien, Serbien und Österreich. Mit komplexen Modellrechnungen (species distribution modeling) identifizierten wir einerseits Regionen, welche von der Asiatischen Mörtelbiene besiedelt werden können, und andererseits beeinflussende Faktoren für dessen Ausbreitung. Viele Daten wurden durch die Mithilfe der Bevölkerung erhoben. Wir fanden heraus, dass künstliche, vom Menschen gemachte Landschaftsstrukturen, wie das Straßennetz, Siedlungen und Häfen und Flughäfen, die Ausbreitung der Asiatischen Mörtelbiene erleichtern. Zum Artikel geht es hier.
Auch wenn in Österreich und vielen anderen westlich geprägten Regionen die Möglichkeiten für die Bevölkerung Forschung zu betreiben stetig zunimmt, ist Citizen Science in Osteuropa eine unübliche Forschungspraxis. Gemeinsam mit unseren Kolleg*innen an der Universität Belgrad initiierten wir ein erstes ökologisch-zentriertes Citizen Science Projekt rund um die Asiatische Mörtelbiene in Serbien. Wir stellen die aktuell bekannte Verbreitung der Asiatischen Mörtelbiene vor und diskutieren das Potential und die Herausforderungen partizipativer Forschung und einer interkulturellen Wissenschaftskommunikation in Osteuropa. Zum Artikel geht es hier.
Projektleiterin Julia Lanner war im August 2022 in einer Folge des Österreich forscht Podcasts "Wissen macht Leute" zu Gast - wer Interesse hat, mehr über das Projekt zu lernen, kann sich die Sendung hier anhören.
Projektleiterin Julia Lanner hielt 2021 einen Vortrag über BeeRadar im Rahmen der Vortragsreihe "Citizen Science Seminar" an der Universität für Bodenkultur Wien: "The making of 'Wanted - Asiatische Mörtelbiene'". Am Ende dieser Seite können Sie sich die Video-Aufzeichnung des Vortrags anschauen.