Die hochsommerlichen Temperaturen und Semesterferien nutzen viele Österreicher*innen für Ausflüge und andere Freizeitaktivitäten.
Im Projekt Roadkill starteten wir Anfang Juli mit einer neuen Studie in Niederösterreich. Zwischen Juli und Oktober erfolgt nun zusätzlich zum Citizen Science-Projekt auf ausgewählten Straßenabschnitten in Niederösterreich erstmals ein regelmäßiges Monitoring. Ziel dieses Projektes ist unter anderem die Ermittlung von roadkill-Hotspots, also Straßenabschnitten, auf denen es gehäuft zu roadkills kommt. Um dieses Ziel zu erreichen, wird das Monitoring auf weitere Vergleichsstraßen in Niederösterreich ausgeweitet.
Für die Studie wurden Straßenabschnitte in mehreren Regionen Niederösterreichs mit unterschiedlichen naturräumlichen Bedingungen ausgewählt, um potenzielle roadkill-Hotspots zu ermitteln. Dabei wurden Straßenabschnitte berücksichtigt, von denen bereits im Projekt Roadkill durch die Bevölkerung überfahrene Tiere gemeldet wurden und dazugehörige Kontrollstrecken, von wo bisher keine oder kaum roadkills gemeldet wurden. Diese werden im Zuge der Auswertung miteinander verglichen.
In den kommenden Monaten werden Mitarbeiter*innen unseres Projektteams die ausgewählten Straßenabschnitte mehrmals pro Woche auf im Straßenverkehr verunfallte Tiere kontrollieren und diese dann wissenschaftlich dokumentieren. Zur gleichen Zeit werden diese Straßenabschnitte auch durch die Bevölkerung befahren werden, welche uns, sofern sie das Projekt Roadkill bereits unterstützen, über die „Roadkill"-App ebenfalls verunfallte Wildtiere melden. Es geht in der Studie u.a. um den Vergleich, wie viele roadkill-Meldungen auf den ausgewählten Straßenabschnitten hereinkommen, wenn die Bevölkerung, also die Citizen Scientists, diese "kontrolliert" (beispielsweise auf dem Weg zur Arbeit oder bei Wochenendausflügen), im Gegensatz zu einem regelmäßigen Monitoring derselben Straßenabschnitte durch unser Team mehrmals die Woche.
Vor allem kleinere Wirbeltiere wie etwa Reptilien, Singvögel und kleinere Säugetiere weisen einen kurzen Nachweiszeitraum auf Straßen auf. Zudem lassen sie sich immer schwerer identifizieren, desto öfter sie überfahren oder von Prädatoren (teilweise) gefressen werden, wodurch tatsächliche roadkill-Hotspots unterschätzt werden können. Der Faktor der Bestimmung kommt vor allem bei seltenen sowie, in Niederösterreich besonders geschützten, Wirbeltierarten zum Tragen, beispielsweise dem Europäischen Ziesel (Spermophilus citellus). Eine nicht korrekte Artbestimmung kann allerdings weitreichende Folgen haben und wissenschaftliche und naturschutzfachliche Analysen, z.B. die Einschätzung der Populationsgröße und die Maßnahmensetzungen zum Schutz der betreffenden Arten (z.B. Untertunnelungen als Querungshilfe für Wildtiere, etc.), verfälschen bzw. erschweren.
Genetische Analysen sind in diesem Fall unser Werkzeug zur Artbestimmung, wenn diese anhand morphologischer Merkmale nicht mehr möglich ist. Die gewonnen Proben werden in den zentralen Forschungslaboratorien am Naturhistorischen Museum Wien dahingehend analysiert, ob die Entnahme von Blut- und Gewebeproben vom Straßenbelag unmittelbar neben den getöteten Wirbeltieren ein probates Mittel zur Extraktion von DNA und somit Artidentifikation darstellt. Gemeinsam mit unseren Forschungspartner*innen am Naturhistorischen Museum Wien sowie der Universität für Weiterbildung Krems werten wir die Ergebnisse aus. Fallen die Ergebnisse zur exakten Identifizierung hinsichtlich DNA-Extraktion positiv aus, soll diese Methode in Folgestudien Anwendung finden und dadurch die Entnahme von Blut- und Gewebeproben von (geschützten) Wirbeltieren zu wissenschaftlichen Zwecken - insbesondere in Citizen Science-Projekten - erleichtern. Durch diese Vorgehensweise möchten wir den oben beschriebenen Schwierigkeiten begegnen, detaillierte Daten insbesondere für kleinere Wirbeltiere gewinnen und damit die Dunkelziffer an nicht dokumentierten roadkills durch diese Studie besser abschätzen.
Nach Abschluss der Analysen werden wir über diese in einem weiteren Blogbeitrag berichten. Möchten Sie automatisch informiert werden, sobald es neue Blogbeiträge im Projekt Roadkill gibt? Dann abonnieren Sie das Team Roadkill auf Österreich forscht. Wie das funktioniert, können Sie hier nachlesen.
Diese Studie wird durch das Amt der NÖ Landesregierung - Abteilung Wissenschaft und Forschung gefördert.
Quellen:
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- Slater, F. M. An assessment of wildlife road casulties – the potential discrepancy between numbers counted and numbers killed. Web Ecology 3, 33–42 (2002).
- Santos, S. M. et al. Sampling effects on the identification of roadkill hotspots: Implications for survey design. Journal of Environmental Management 162, 87–95 (2015).
- RIS - NÖ Naturschutzgesetz 2000 § 1 - Landesrecht konsolidiert Niederösterreich. https://www.ris.bka.gv.at/eli/lgbl/NI/5500/P1/LNO40007755Abfrage=Landesnormen&Bundesland=Nieder%C3%B6sterreich&
BundeslandDefault=Nieder%C3%B6sterreich&Index=&Ges19etzesnummer=&VonParagraf=&VonAnlage=&Kundmachungsnummer=&FassungVom=25.01.2023&VonInkrafttretedatum=&BisInkrafttretedatum=
&VonAusserkrafttretedatum=&BisAusserkrafttretedatum=&ImRisSeitVonDatum=&ImRisSeitBisDatum=. - Teixeira, F. Z., Coelho, A. V. P., Esperandio, I. B. & Kindel, A. Vertebrate road mortality estimates: Effects of sampling methods and carcass removal. Biological Conservation 157, 317–323 (2013).
- Rodríguez-Castro, K. G., Ciocheti, G., Ribeiro, J. W., Ribeiro, M. C. & Galetti, P. M. Using DNA barcode to relate landscape attributes to small vertebrate roadkill. Biodivers Conserv 26, 1161–1178 (2017).