Citizen-Science-Plattformen haben sich in relativ kurzer Zeit als wichtige Infrastruktur im Bereich Citizen Science entwickelt, nicht nur in Österreich, sondern in vielen Ländern Europas. Im Kapitel "Citizen Science Platforms" des bereits vor kurzem vorgestellten Buchs The Science of Citizen Science besprechen wir gemeinsam mit anderen Autor*innen das Konzept von Plattformen für Citizen Science und zeigen auf, warum sie wichtig sind, welche Arten von Plattformen es gibt, welchen Einfluss sie auf Citizen Science haben und welche Herausforderungen nach wie vor bestehen.
Gerade im Bereich Citizen Science, der sehr von der Digitalisierung in den letzten Jahren profitieren konnte, sind Plattformen sehr wichtig um Daten zu sammeln, Projekte darzustellen, Erfahrungen auszutauschen und sich zu vernetzen. Doch was bedeutet dieser Begriff "Plattform" eigentlich? Eine Plattform kann sich auf eine Technologie (z. B. Computerplattform, Webplattform), auf physische Objekte und Eigenschaften (z. B. Tauchplattform, Ölplattform), auf die Politik (z. B. Parteiplattform, europäische Politikplattform), auf die Kunst (z. B. Romanplattform, Kunstgruppenplattform) und auf eine Reihe anderer Bereiche (z. B. Wirtschaftsplattform, Geschäftsmodellplattform) beziehen (Wikipedia Contributors. (2020, March 21). Aufgrund dieser Vielzahl an Bedeutungen haben wir uns im Autor*innenteam auf folgende Definition geeinigt: Citizen Science Plattformen sind webbasierte Infrastrukturen mit einem einzigen Zugangspunkt, die eine oder mehrere der folgenden Funktionalitäten enthalten: (1) Präsentation aktiver Citizen Science-Projekte und -Aktivitäten; (2) Anzeige von Citizen Science-Daten und -Informationen; (3) Bereitstellung von allgemeinen Richtlinien und Werkzeugen, die zur Unterstützung von Citizen Science-Projekten und -Aktivitäten im Allgemeinen verwendet werden können (z. B. Rekrutierungsstrategien einschließlich Motivations- und Marketingansätzen, Methoden zur Datenqualitätssicherung und -kontrolle, Richtlinien für den Umgang mit Datensicherheitsproblemen, Ressourcen und Möglichkeiten zur Vernetzung mit anderen relevanten Aktivitäten und zum Upscaling der Projektergebnisse); (4) Präsentation von Good-Practice-Beispielen und Lessons Learned; und (5) Angebot relevanter wissenschaftlicher Ergebnisse für Personen, die an Citizen Science beteiligt oder interessiert sind.
Basierend auf dieser Definition kann man sagen, dass frühe Citizen-Science-Plattformen im Jahr 2007 entstanden, in dem das Projekt Galaxy Zoo den Grundstein für die Plattform Zooniverse legte. Heute gibt es bereits in vielen Ländern Plattformen: neben den Plattformen in Deutschland (Bürger schaffen Wissen), der Schweiz (Schweiz forscht) oder Österreich (Österreich forscht) auch in Dänemark, Spanien oder Belgien. Sie ermöglichen es Nicht-Wissenschaftler*innen, sich an der wissenschaftlichen Forschung in einer Reihe von Disziplinen zu beteiligen.
Viele projektbasierte Citizen Science-Plattformen wurden für eine Reihe von Endnutzern entwickelt, die eine Vielzahl von Zielen verfolgen (z. B. CAPTOR). Nach Sturm et al. (2018) können Citizen Science-Plattformen als technischer Rahmen entwickelt werden, der für eine oder mehrere Anwendungen zum Ausführen und zum Speichern von Daten und Informationen konzipiert ist. Citizen Science-Plattformen können auch mit einer Funktionalität entworfen werden, die es den Teilnehmenden ermöglicht, mit den Projektdaten zu interagieren (z. B. Hinzufügen und/oder Überprüfen), wie z. B. die Kartierung und das Teilen von Beobachtungen der Luftqualität, die Messung der Biodiversität (z. B. naturbeobachtung.at) und in vielen Bereichen quer durch die Wissenschaften, Geisteswissenschaften und mehr.
Das vorgestellte Kapitel konzentriert sich auf Citizen Science-Plattformen, die Dienstleistungen für bestehende und potenzielle Citizen Science-Projekte und -Aktivitäten mit den folgenden Zielen anbieten: (1) Vermittlung auf mehreren Ebenen zwischen lokalen Citizen Science-Projekten und nationalen oder internationalen Ressourcen und öffentlichen Verwaltungen; (2) Austausch von Wissen und Know-how zur Schaffung von Synergien, um Ressourcen effizient zu nutzen, wie z. B. die Kombination/Integration von Daten und/oder die Präsentation von Citizen Science-Projekten für interessierte Stakeholder, einschließlich der Öffentlichkeit; und (3) Förderung mehrerer, laufender Stakeholder-Kooperationen, die die Anpassung vieler kooperativer Citizen Science-Projekte im Laufe der Zeit erleichtern.
Wie alle Kapitel im Buch The Science of Citizen Science, kann auch dieses gratis heruntergeladen und gelesen werden.